Unser Taufbecken
Unser hölzernes Taufbecken in unserer Kirche ist etwas ganz Besonderes. Das weiß jeder interessierte Priorter. Der Band „Bau- und Denkmale in der DDR, Bezirk Potsdam“ beschrieb: Taufe um Mitte 18. Jahrhundert, als Fuß Schnitzfigur des Johannesknaben mit Lamm. Taufschale, Zinn, 1719. Das ist das Gerüst des allgemeinen Wissenstands um diesen markanten, auffälligen Kirchengegenstand.
In der Schulchronik, die Ende des 19. Jahrhunderts begonnen wurde, ist überliefert, dass die Taufe (und der Kanzelaltar) aus der Entstehungszeit der Kirche 1745 stammen würden. Diese Taufe ist noch immer vorhanden, der weniger wertvolle Kanzelaltar wurde bei der Sanierung in den 90er Jahren entfernt, erhalten blieben die Kanzel und der Schalldeckel, die an der Südseite aufgestellt bzw. -gehängt wurden.
In einer Beschreibung des Kirchenbauamtes aus den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts wird das Taufbecken als einziges Kunstwerk in unserer Kirche aufgeführt, wie in den „Kirchenansichten in der Gemeinde Wustermark“ von Christel Debusmann nachzulesen ist. „Der Taufstein hat als Fuß eine Engelsfigur…“, ist allerdings nicht richtig dargestellt. Konkreter wird der Bildband von Andreas Kitschke „Kirchen des Havellandes“, den Werner Bader und Ingrid Bargel herausgegeben und am Tag des offenen Denkmals im September 2011 in der Priorter Kirche vorgestellt haben. Unsere Taufe ist dort so beschrieben: „Bedeutend schmuckreicher (Anm.: im Vergleich zu Kanzel und Schalldeckel) ist die hölzerne, polychrom gefasste, sechseckige Holztaufe gestaltet. Auf flachem Postament trägt die Schnitzfigur des Johannesknaben mit dem Lamm eine kelchartige Cupa, die die Blumengirlanden (Anm.: auch mit Früchten) und an den Kanten mit geflügelten Engelköpfen geziert ist.
Der Johannesknabe trägt seinen typischen Umhang, aber bis zum 31. Juli 2013 fehlte ihm der Hirtenstab. Wahrscheinlich ist er irgendwann bei den vielen Sanierungsmaßnahmen an unserer Kirche verloren oder zu Bruch gegangen.
Anfang des Jahres besuchte die Tochter von Frau Keller, Verena Sellmeyer, die alte Heimat ihrer Mutter und besichtigte die Kirche, die ihre Vorfahren einst erbauen ließen. Der Denkmalpfleger Andreas Kalesse und der Holzrestaurator Janko Barthold aus Potsdam waren ihre Begleiter, die sich nach umfänglicher Restaurierung der Taufe in Groß Glienicke sehr für das ebenfalls hölzerne Becken in Priort interessierten. Sie machten sich zur Aufgabe, dem Johannesknaben den fehlenden Hirtenstab in die rechte Hand zurückzulegen. Die Kiku-Mitglieder Charles Philippe Dijon von Monteton, Manuela Vollbrecht und Pfarrerin Heike Benzin begeisterte das Vorhaben sofort und fortan begleiteten sie es. Frau Sellmeyer beauftragte die Arbeit, spendete den Stab und übergab ihn persönlich während der Kiku-Veranstaltung am 3. Oktober 2013 ganz offiziell. Spontan dankte ihr Manuela Vollbrecht mit einem ausgestellten Pastell-Gemälde der Priorter Kirche vom Wustermarker Künstler Gottfried Weider für das wunderbare Geschenk.
Etwas Neues konnten wir mit Hilfe von Herrn Dipl.-Kfm. und OStRat i.R. Hartmut Schmidt entschlüsseln: Die Taufschale aus dem Jahre 1719 stammt aus einer Berliner Zinngießerei. Sie wurde von dem Berliner Zinngießer Nathanael Simon gegossen. Dieser wurde 1710 in die Berliner Zinngießerzunft aufgenommen ( Quelle: Meisterbuch der Berliner Zinngießerzunft im Märkischen Museum Berlin). Er ( und seine Ehefrau ) stammten aus Metz ( Frankreich). Er starb am 10. Juli 1743 (Quelle: Kirchenbuch Friedrichstadt/Berlin ). Es muß sich somit um einen Hugenotten handeln (ein Großteil der Berliner Hugenotten kamen aus Metz). Die Monogramme -: IA :- und -: MLW :- sind Besitzer/ Eigentümerzeichen. Die Jahreszahl 1719 bedeutet das Anschaffungsjahr der Platte, höchstwahrscheinlich auch das Herstellungsjahr. Die Taufschale ( Durchmesser 46 cm ) war ursprünglich wohl ein Vorlegeteller und ist als Hochzeitsteller bzw.-geschenk zu deuten. Dafür stehen die beiden Monogramme -: IA :- und -: MLW :- (Beide Partner waren Eigentümer). Die Jahreszahl 1719 steht wohl für das Jahr der Schenkung/Anschaffung. Früheste Entstehung der Platte ist 1710, diese kann damit nicht aus einer früheren Kirche stammen. Eine solche Zinnplatte konnten sich nur relativ wohlhabende Bürger leisten ( Zinn = Silber des Bürgertums ). Die Zinnplatte kam erst ab 1745 in die Kirche (Genaueres ist nicht bekannt). Am plausibelsten ist wohl folgende Annahme: Ein Hugenotte ließ die Platte beim Hugenotten Simon 1719 herstellen (für sich bzw. als Geschenk für eine Hochzeit). Die Besitzer oder deren Erben schenkten/stifteten /verkauften die Platte der neuen hugenottischen Kirche in Priort zur Verwendung als Taufbecken. Falls das Jahr der Anschaffung des „Taufstocks“ bekannt ist, könnte man davon ausgehen, daß dies auch das Jahr der Schenkung/ des Erwerbs der Taufplatte war.


